GmbH Gründung aus dem Wohnzimmer ist nun endlich mit beglaubigt.de möglich - ein Meilenstein für die Digitalisierung in Deutschland.
Die Bundesregierung hat am 10. Februar einen Entwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 20. Juni 2019 als Gesetzesentwurf veröffentlicht. Dieser Entwurf baut auf dem vom Bundesministerium der Justiz Referentenentwurf auf und ermöglicht die digitale Beurkundung für eine GmbH Gründung.
Online Gründungen durch Digitalisierungsrichtlinie
Ziel der Digitalisierungsrichtlinie ist die Vereinfachung von Gründungen von Kapitalgesellschaften durch den Einsatz digitaler Werkzeuge und Abläufen. Dadurch sollen Kosten eingespart und vorallem den Verwaltungsaufwand reduziert werden.
Hierbei müssen die gröbsten Teile der DigRL durch die Mitgliedsstaaten bis spätestens August 2021 in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei hat jedoch Deutschland von der Verlängerungsoption Gebrauch gemacht, wodurch ein Aufschub auf August 2022 gewährt wurde.
Dabei sieht der derzeitige Gesetzesentwurf folgende Neuerungen als ersten Digitalisierungsschritt vor:
- Möglichkeit der Online Gründung von GmbHs und UGs sowie digitale Handelsregisteranmeldungen
- Modifikationen des Bekanntmachungswesens für Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister
- Umsetzung des Systems zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen
- Einführung von grenzüberschreitenden Informationsaustäusche zu disqualifizierten Geschäftsführern
Digitale Gründungen einer GmbH möglich
Trotzdessen, dass die DigRL die Online Gründung neben der GmbH auch für die AG und KGaA vorschreibt, macht der Regierungsentwurf in Deutschland nur die vorerstige Einschränkung auf GmbHs und UGs Gebrauch. Somit sollen auch Gesellschafterbeschlüsse mittels digitalen Kommunikationstools wie Videokommunikation und digitaler Signatur erfolgen können.
Hierbei schränkt die Bundesnotarkammer voerst die Verwendung auf die eigens entwickelten Softwarestücke ein. Zudem ist der Notar verpflichtet, seine Amtstätigkeit nur in seinem Amtsbereich, d.h. in dem Amtsgerichtsbezirk seines Amtssitzes, auszuüben. Bei einer Online-Beurkundung ist dies unter anderem dann gewährleistet, wenn sich in seinem Amtsbereich der Sitz der betroffenen Gesellschaft oder der Wohnsitz oder Sitz eines Gesellschafters der betroffenen Gesellschaft befindet.
Die digitale Gründung einer GmbH und UG bringt eine Kehrtwende in den Gründungsakt. So können in Zukunft internationale Konstellationen von Gesellschaftern in mehreren Ländern völlig vereinfacht werden. Das persönliche Erscheinen vor dem Notar ist somit nicht mehr von Nöten.
Die digitale Gründung online ist jedoch vorerst nur auf Bareinlagen beschränkt, erst 2023 werden Sacheinlagen auch durch die digitale Beglaubigung möglich sein. Das neue Verfahren wird durch Änderungen in § 2 GmbH-Gesetz (GmbHG) sowie Anpassungen in den §§ 16a ff. Beurkundungsgesetz (BeurkG) und der Bundesnotarordnung (BNotO) geregelt
Digitale Beurkundung der Gesellschafterliste
Die anlässlich der GmbH-Gründung zwingend zum Handelsregister einzureichende Liste der Gesellschafter kann von dem/den Geschäftsführer/n künftig ebenfalls mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, so dass auch die (Fremd-)Geschäftsführer nicht körperlich vor dem Notar erscheinen müssen.
Ablauf Online Gründung
- Der erste Schritt ist die Identifizierung der Beteiligten nach § 16 c BeurkG n.F. über ein Zwei-Faktor-Verfahren: Dabei erfolgt erst die elektronische Identifizierung mit einem Ausweisdokument der EU, welches eine eID-Funktion aufweist. In einem zweiten Schritt wird das Lichtbild auf dem Ausweis elektronisch ausgelesen. Außerdem muss der Notar bzw. die Notarin das Foto mit dem Erscheinungsbild der online zugeschalteten Personen abgleichen
- Anschließend errichtet der Notar bzw. die Notarin gem. § 16 b BeurkG n.F. eine elektronische Niederschrift über die Online-Verhandlung - statt des bisherigen Gründungsprotokolls
- Diese elektronische Niederschrift unterzeichnen alle Beteiligten und Notar bzw. Notarin mit der qualifizierten elektronischen Signatur, § 16 b Abs. 4 S. 1 BeurkG n.F..
Hierbei vereinfacht beglaubigt.de den gesamten Prozess - von Antragstellung bis hin zum finalen Beglaubigung. Dabei wird der notarielle Akt komplett digital abgebildet und vereinfacht den Ablauf für beide Seiten - Notar und Kunde.
Personalausweis kann als Identifikationsnachweis dienen
Vor dem Eintritt in die virtuelle Beurkundung hat sich der Notar über die Person der Beteiligten Gewissheit anhand eines elektronisch übermittelten Lichtbildes sowie eines elektronischen Identitätsnachweises zu verschaffen. Hierbei bietet beglaubigt.de die nötige Plattform, indem ein sicherer Datenraum und Kundenkartei angelegt werden können und auch die Terminfindung vereinfacht wird. Die hierfür relevanten Informationen werden dem beurkundenden Notar über das Videokommunikationssystem zur Verfügung gestellt.
Zur Identifikation kann die Ausweisapp2 verwendet werden, um sicher die Daten über ein NFC-fähiges Gerät auszulesen. Zugelassen sind auch von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellte eID, wenn diese nach Art. 9 eIDAS-VO notifiziert sind und dem Sicherheitslevel „hoch“ i.S.v. Art. 8 Abs. 2 Buchst. C eIDAS-VO entsprechen. Keine tauglichen Identifizierungsmittel sind dagegen Deutsche oder ausländische Reisepässe oder Ausweise von Drittstaaten (z.B. Schweiz, Vereinigtes Königreich oder USA).
Identifizierung der Beteiligten durch den Notar ist die Voraussetzung für die Nutzung des Videokommunikationssystems. Folgende Ausweise können durch eID anerkannt werden:
- deutscher Personalausweis mit eID-Funktion für deutsche Staatsangehörige
- eID-Karte für Staatsangehörige anderer EU/EWR-Mitgliedstaaten
- elektronischer Aufenthaltstitel mit eID-Funktion für Angehörige von Drittstaaten
Online-Handelsregisteranmeldungen
Im Gesetzesentwurf wird zudem die Möglichkeit vorgesehen, Handelsregisteranmeldungen von Einzelkaufleuten, GmbH, AG, KGaA, Genossenschaften, deren Zweigniederlassungen sowie Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften der EU-Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten, nicht jedoch Personenhandelsgesellschaften, durch Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur mittels Videokommunikation vorzunehmen.
Hierbei können auch Folgeanmeldungen, wie etwa die Änderung in der Person des GmbH Geschäftsführers oder des Prokuristen digital stattfinden. Dies bildet ein wichtiger Schritt in Richtung digitaler Notar - der Grundstein hinter beglaubigt.de
Hierbei ermöglicht die Online-Beglaubigung Handelsregisteranmeldungen für:
- Einzelkaufleute (e.K.)
- GmbH und UG (haftungsbeschränkt)
- Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA)
- Zweigniederlassungen von GmbH, AG und KGaA
- Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU-Mitglied- oder EWR-Vertragsstaates unterliegen
Notarielle Mitwirkungspflicht bleibt erhalten
Auch durch die Digitalisierungsrichtlinie und beglaubigt.de ein riesiger Sprung nach vorn gelegt wird, bleibt natürlich die Mitwirkungspflicht von einem offiziellen Notar unberührt. Notare haben im Online-Beurkundungsverfahren dieselben Pflichten wie im Präsenzverfahren. Dies betrifft etwa Feststellung der Geschäftsfähigkeit, Vorlesen des Textes der elektronischen Niederschrift sowie Prüfungs- und Belehrungspflichten.
Kosten der Beurkundung und Beglaubigung im notariellen Online-Verfahren
Neben den im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegten Notargebühren für die Beurkundung der Gründungsurkunde bzw. die Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen entsteht eine Auslagenpauschale für die Inanspruchnahme des Videokommunikationssystems der Bundesnotarkammer. Diese beträgt EUR 25,00 für das Beurkundungsverfahren und EUR 8,00 für das Beglaubigungsverfahren. Erfolgt die Beglaubigung mehrerer qualifizierter elektronischer Signaturen in einem einzigen Beglaubigungsvermerk, entsteht die vorgenannte Auslagenpauschale jedoch nur einmal.
Ausblick des Digitalen Notars
Die Online-Beurkundung ist erst einmal auf die Beschlüsse beschränkt, die zur Gründung einer GmbH oder UG notwendig sind. Die meisten der späteren Maßnahmen, die einer notariellen Beglaubigung bedürfen (etwa ein Formwechsel, Verfügung über Gesellschaftsanteile oder Auflösung) sind hingegen auch weiterhin nicht online möglich.
Allerdings erweitert das DiREG den Anwendungsbereich des notariellen Verfahrens der Online-Beurkundung ab 2023 auf Gründungsvollmachten, Kapitalmaßnahmen und einstimmig gefasste Beschlüsse zur Änderung des GmbH-Gesellschaftsvertrages.
Nach einer Neufassung des § 48 Abs. 1 GmbHG im DiREG können Gesellschaftsbeschlüsse, die keine notarielle Form benötigen, ab 1. August 2022 auch online (in diesem Fall auch via Zoom) gefasst werden, sofern alle Gesellschafter in Textform zugestimmt haben und die Satzung dies nicht ausdrücklich verbietet. Eine entsprechende Satzungsregelung, die solche Beschlüsse ausdrücklich erlaubt, ist dann nicht mehr notwendig.