Kommt es zum Todesfall einer Wohnungseigentümerin oder eines Wohnungseigentümers, stellt sich für Erb:innen, Miterb:innen und Gläubiger schnell die Frage: Wer haftet für laufende Kosten, offene Wohngeldbeiträge oder Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftseigentum? Besonders bei Eigentumswohnungen, die Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind, entstehen sofort rechtliche Folgen – sowohl gegenüber der Verwaltung als auch im Verhältnis zu anderen Eigentümer:innen.
Die sogenannte Rechtsnachfolge im Todesfall betrifft nicht nur das Erbrecht im engeren Sinne, sondern greift unmittelbar in das Wohnungseigentumsrecht (§§ 1922 ff. BGB, § 10 WEG) ein. Mit dem Tod geht das Vermögen einschließlich aller Rechte und Pflichten kraft Gesetzes auf die Erbengemeinschaft über. Das umfasst auch laufende Zahlungsverpflichtungen wie Hausgeld, Instandhaltungsrücklagen oder Sonderumlagen – selbst dann, wenn das Erbe noch nicht angenommen wurde.
„Mit dem Erbfall tritt der oder die Erbe in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers ein.“
(§ 1922 Abs. 1 BGB)
Ziel dieses Artikels ist es, die rechtlichen und praktischen Konsequenzen eines Todesfalls im Kontext einer Eigentumswohnung strukturiert darzustellen. Behandelt werden unter anderem die Haftung für WEG-Beiträge, das Verhalten der Verwaltung, Ansprüche von Miterb:innen und Gläubigern, sowie die Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung.
Der Beitrag richtet sich an Nachlassbeteiligte, Hausverwaltungen und Fachleute aus der Immobilien- und Erbrechtspraxis.
1. Grundlagen und rechtlicher Rahmen
Was regelt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) beim Todesfall einer Eigentümerin oder eines Eigentümers?
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die rechtlichen Grundlagen für Wohnungseigentum und Gemeinschaftseigentum in Deutschland. Nach § 1 Abs. 1 WEG entsteht Wohnungseigentum durch die Teilung eines Grundstücks in Sondereigentum an einzelnen Wohnungen und Miteigentum am gemeinschaftlichen Eigentum, das allen Wohnungseigentümer:innen gemeinsam gehört. Dieses duale System aus Individual- und Gemeinschaftsrecht wirkt auch im Erbfall fort.
Stirbt eine Eigentümerin oder ein Eigentümer, tritt die Erbengemeinschaft automatisch in die Rechtsposition der verstorbenen Person ein – einschließlich aller Rechte am Sondereigentum (§ 5 WEG) sowie der Pflichten und Mitwirkungsrechte innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Seit der Reform des WEG im Jahr 2020 ist diese Gemeinschaft als rechtsfähige Körperschaft ausgestaltet (§ 9a WEG), was insbesondere für die Haftung gegenüber Dritten und die interne Verwaltungspraxis von Bedeutung ist.
„Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist Trägerin der Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz.“
(§ 9a Abs. 1 WEG)
Die GdWE bleibt auch nach dem Tod eines Mitglieds handlungsfähig. Für Beschlussfassungen, Abrechnungen oder Instandhaltungsmaßnahmen gilt: Die Erben nehmen die Stellung des verstorbenen Eigentümers gemeinschaftlich ein, bis eine Umschreibung im Grundbuch erfolgt ist oder eine Auseinandersetzung stattfindet. Damit sind sie – auch ohne Erbschein – unmittelbare Ansprechpartner für die Verwaltung (§ 18 Abs. 1 WEG i. V. m. § 1922 BGB).
Welche Rolle spielt das Erbrecht bei der Eigentumswohnung im Todesfall?
Mit dem Tod der Eigentümerin oder des Eigentümers einer Wohnung tritt automatisch die Gesamtrechtsnachfolge ein. Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht das Vermögen als Ganzes auf die Erb:innen über – einschließlich des Sondereigentums an der Wohnung, des Miteigentums am Gemeinschaftseigentum sowie aller damit verbundenen Rechte und Pflichten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE).
„Mit dem Tode einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen über.“
(§ 1922 Abs. 1 BGB)
Die Erbfolge kann sich entweder gesetzlich (§§ 1924 ff. BGB) oder durch letztwillige Verfügung (z. B. Testament oder Erbvertrag) ergeben. Was bei der Erstellung eines Einzeltestaments zu beachten ist, erläutert der Beitrag „Einzeltestament: Alles, was Sie wissen müssen“. Dabei sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:
Eine besondere Rolle spielt die Enterbung: Wird etwa ein gesetzlicher Erbe im Testament übergangen, bleibt sein Pflichtteilsanspruch bestehen. Das kann bei der Verwaltung und Nutzung der Eigentumswohnung zu Spannungen führen, insbesondere wenn Miterb:innen selbst dort wohnen oder Einnahmen aus der Vermietung erwarten.
Auch notarielle Nachlassdokumente wie Erbscheine oder Testamente müssen in der Regel beglaubigt übersetzt werden, wenn sie im Ausland errichtet wurden – etwa bei deutsch-spanischen Erbfällen. In solchen Fällen empfiehlt sich die Nutzung spezialisierter Übersetzungsdienste wie beglaubigt.de, um eine Anerkennung durch Grundbuchamt und Verwaltung sicherzustellen.
Im Zusammenhang mit der Vererbung von Eigentumswohnungen ist die Erstellung eines Einzeltestaments von großer Bedeutung. Ein detaillierter Überblick über die Erstellung und Vorteile eines Einzeltestaments findet sich im Artikel „Einzeltestament: Alles, was Sie wissen müssen“
2. Zahlungspflichten im Todesfall
Wer übernimmt die Zahlungspflichten für die Eigentumswohnung nach einem Todesfall?
Mit dem Erbfall gehen gemäß § 1922 BGB sämtliche vermögensrechtlichen Verpflichtungen der verstorbenen Eigentümerin oder des Eigentümers kraft Gesetzes auf die Erb:innen über. Dazu gehören nicht nur die Eigentumsrechte an der Wohnung, sondern auch sämtliche laufenden und rückständigen Zahlungspflichten, die mit dem Wohnungseigentum verbunden sind.
Gemäß § 1967 BGB haften Erb:innen grundsätzlich unbeschränkt für Nachlassverbindlichkeiten – also auch für offene Hausgeldforderungen oder Sonderumlagen, selbst wenn diese erst nach dem Todeszeitpunkt fällig werden, aber auf Beschlüssen beruhen, die zu Lebzeiten gefasst wurden.
Zu den typischen Zahlungsverpflichtungen gehören:
- Hausgeldzahlungen nach § 28 Abs. 1 WEG,
- Beiträge zur Instandhaltungsrücklage,
- anteilige Sonderumlagen (z. B. für Dachsanierung, Heizungserneuerung),
- sowie Betriebskosten wie Strom, Wasser, Abwasser, Müllgebühren und Gemeinschaftsenergie.
Auch Verträge mit Dritten – etwa Energielieferverträge oder Wartungsvereinbarungen – laufen im Zweifel zunächst weiter und müssen aktiv gekündigt oder umgeschrieben werden.
Die WEG-Verwaltung darf Rückstände aus der Zeit vor dem Todesfall gegenüber den Erb:innen geltend machen, sobald diese als solche bekannt sind. Wann ein Erbschein benötigt wird und wie das Verfahren abläuft, zeigt der Beitrag „Erbschein & Erbscheinsverfahren – Einfach erklärt“. Eine separate Annahmeerklärung ist dafür nicht erforderlich, da die Erbschaft rechtlich automatisch eintritt.
„Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.“
(§ 1967 Abs. 1 BGB)
In der Praxis empfiehlt es sich, bestehende Forderungen zügig mit der Verwaltung abzuklären – auch um zusätzliche Mahnkosten oder Verzugszinsen zu vermeiden. Bei Erbengemeinschaften sind alle Miterb:innen gesamtschuldnerisch verpflichtet. Zahlung durch einen Miterben befreit die anderen insoweit (§ 2058 BGB).
Ab wann haften die Erb:innen für offene Zahlungen rund um die Eigentumswohnung?
Die Haftung der Erb:innen beginnt mit dem Zeitpunkt des Erbfalls – also dem Tod des bisherigen Wohnungseigentümers. Ab diesem Moment geht das Vermögen einschließlich aller Rechte und Pflichten automatisch auf die Erb:innen über (§ 1922 BGB). Damit haften sie auch für alle offenen und neu entstehenden Forderungen, die in Zusammenhang mit der Eigentumswohnung stehen, sofern sie den Nachlass nicht ausschlagen.
Rechtlich ist zu unterscheiden zwischen:
- Nachlassverbindlichkeiten: Schulden, die der Erblasser selbst begründet hat (z. B. rückständiges Hausgeld, beschlossene Sonderumlage),
- persönlichen Verbindlichkeiten der Erb:innen: z. B. Verzugsschäden, wenn Forderungen nach Annahme der Erbschaft nicht rechtzeitig beglichen werden.
Die Haftung erstreckt sich nicht nur auf Forderungen, die bereits fällig waren, sondern auch auf solche, die nach dem Erbfall entstehen, sofern sie auf früheren Beschlüssen beruhen oder den ordnungsgemäßen Gebrauch der Wohnung betreffen.
Beispiele:
- Die Erblasserin verstirbt am 10. März. Das Hausgeld für März wird am 15. März abgebucht.
→ Die Erb:innen haften, obwohl die Fälligkeit nach dem Todesdatum liegt. - Eine Sonderumlage zur Fassadensanierung wurde im Februar beschlossen, die Fälligkeit ist für April angesetzt.
→ Auch hier besteht Haftung, da der wirtschaftliche Ursprung vor dem Erbfall liegt. - Nach dem Erbfall erteilen die Erb:innen keine Zahlungsanweisung und geraten in Verzug.
→ Es entsteht eine persönliche Verbindlichkeit durch Pflichtverletzung (§§ 280, 286 BGB).
Für die Haftung aus dem Nachlass haftet jede:r Erb:in grundsätzlich unbeschränkt – es sei denn, eine Haftungsbeschränkung wurde wirksam erklärt (z. B. durch Nachlassverwaltung oder Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB). In der Praxis empfiehlt es sich daher, möglichst früh Klarheit über bestehende Verpflichtungen zu schaffen.
Was passiert mit bestehenden Lastschriften, Daueraufträgen und Verträgen nach dem Tod?
Mit dem Tod der Eigentümerin oder des Eigentümers gehen gemäß § 1922 BGB nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch die laufenden Verträge auf die Erb:innen über. Das betrifft insbesondere Bankverbindungen, Lastschriftmandate, Daueraufträge sowie Verträge mit Versorgern und Dienstleistern – etwa Hausverwaltungen, Stromlieferanten oder Reinigungsfirmen.
Sofern das Konto des Verstorbenen nicht sofort gesperrt wird, können Lastschriften auch nach dem Erbfall weiterhin eingezogen werden. Die Bank ist dabei nicht verpflichtet, jede Abbuchung zu stoppen – sie handelt nur bei ausdrücklicher Weisung oder Vorlage eines Erbscheins. Erb:innen müssen daher aktiv handeln, um unerwünschte Abbuchungen zu vermeiden oder vertragliche Verpflichtungen gezielt zu kündigen.
Typische Maßnahmen, die nach dem Erbfall zu prüfen und ggf. einzuleiten sind:
- Kündigung oder Umschreibung von Versorgungs- und Wartungsverträgen,
- Überprüfung aller Daueraufträge und Lastschriftmandate,
- Information der Bank und Hausverwaltung über den Eigentümerwechsel,
- ggf. Einrichtung eines neuen Eigentümerkontos für WEG-Zahlungen.
Auch digitale Verträge und Konten – etwa E-Mail, Cloud oder Streamingdienste – fallen in den Nachlass. Was im digitalen Bereich zu beachten ist, erläutert der Beitrag „Auch Social-Media-Konten gehören zum Erbe“.
Besonderheiten ergeben sich, wenn die Eigentumswohnung vermietet ist. Mietverhältnisse laufen grundsätzlich weiter, die Erb:innen treten nach § 566 BGB in die Rolle der Vermieter:innen ein – mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich der Entgegennahme der Miete und der Instandhaltungspflichten. Auch hier gilt: Nur durch aktive Mitwirkung der Erb:innen können Vertragsverhältnisse rechtssicher fortgeführt oder beendet werden.
„Der Erwerber tritt in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein.“
(§ 566 BGB – „Kauf bricht nicht Miete“)
Wird die Wohnung als Kapitalanlage genutzt, sollten Zahlungsein- und -ausgänge lückenlos dokumentiert werden, um spätere Auseinandersetzungen mit Miterb:innen, Finanzbehörden oder potenziellen Käufern zu vermeiden.
3. Besondere Konstellationen und Probleme
Wie sind Zahlungspflichten bei einer Eigentumswohnung im Todesfall in einer Erbengemeinschaft zu regeln?
Ist im Erbfall keine Einzelperson Alleinerb:in, entsteht eine Erbengemeinschaft gemäß § 2032 BGB. Diese wird nicht als juristische Person, sondern als Gesamthandsgemeinschaft behandelt. Das bedeutet: Alle Erb:innen verwalten den Nachlass gemeinsam und können über die Eigentumswohnung nur gemeinschaftlich verfügen.
„Die Erben sind zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.“
(§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB)
Im Fall einer Eigentumswohnung umfasst diese Pflicht insbesondere:
- die pünktliche Begleichung von Hausgeldforderungen,
- Entscheidungen über Instandhaltungen und Reparaturen,
- die Abgabe von Zahlungserklärungen an die WEG-Verwaltung,
- und ggf. die Vermietung oder Verwertung der Immobilie.
Alle Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Verwaltung hinausgehen – z. B. Modernisierungen oder Verkäufe – bedürfen der Zustimmung aller Miterb:innen (§ 2038 Abs. 2 BGB). Bereits einfache Hausgeldzahlungen können zum Problem werden, wenn kein Einvernehmen herrscht oder ein:e Miterb:in zahlungsunwillig ist.
Typische Konfliktsituationen:
- Eine Miterbin verweigert die Zustimmung zur Auszahlung der Rücklage für eine notwendige Reparatur.
- Die Mehrheit der Erb:innen möchte die Wohnung verkaufen, ein Miterbe nutzt sie jedoch selbst.
- Die Verwaltung fordert Hausgeldrückstände an – aber keiner der Erb:innen fühlt sich zuständig.
In diesen Fällen bleibt die Erbengemeinschaft gesamtschuldnerisch verpflichtet (§ 2058 BGB). Das bedeutet: Jeder Miterbe haftet gegenüber der Gläubigerin – z. B. der WEG – für die volle Forderung, unabhängig von seinem Erbanteil.
Zur Vermeidung von Stillstand und Konflikten kann es sinnvoll sein, eine:n Erb:innenvertreter:in zu bestimmen oder eine Nachlassverwaltung zu beantragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eigentumswohnung vermietet oder wirtschaftlich belastet ist.
Was passiert, wenn die Erbschaft ausgeschlagen wird?
Die Erbschaft kann nach § 1942 BGB durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht innerhalb von sechs Wochen ausgeschlagen werden. Damit entfällt die Gesamtrechtsnachfolge – die betreffende Person gilt rückwirkend als nicht berufen, das Eigentum an der Wohnung sowie alle Verbindlichkeiten gehen nicht auf sie über.
„Durch die Ausschlagung gilt der Anfall der Erbschaft an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.“
(§ 1953 Abs. 1 BGB)
In diesem Fall greift die gesetzliche oder testamentarische Nachrückfolge: Der oder die nächste Erbberechtigte in der Rangfolge (§§ 1930, 1948 BGB) wird automatisch Erb:in – mit allen damit verbundenen Pflichten, insbesondere zur Übernahme laufender Kosten der Eigentumswohnung. Auch diese Person kann wiederum ausschlagen.
Kommt es zu mehrfachen Ausschlagungen oder ist die Erbfolge zunächst ungeklärt, kann das Nachlassgericht auf Antrag eine Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB anordnen. Die Nachlasspflegerin verwaltet in diesem Fall den Nachlass bis zur Klärung der Erbenstellung – einschließlich der Verwaltung von Eigentumswohnungen, der Zahlung laufender Verbindlichkeiten oder der Fortsetzung bestehender Mietverhältnisse.
Für die WEG-Verwaltung führt eine ungeklärte Erbfolge regelmäßig zu praktischen Problemen:
- Es gibt keinen haftenden Ansprechpartner für laufende Hausgeldforderungen.
- Die Stimmrechte in der Eigentümerversammlung bleiben unbesetzt.
- Die Geltendmachung von Forderungen wird erschwert, da eine Titelzustellung an „den unbekannten Erben“ rechtlich nicht möglich ist.
In solchen Fällen ist es zulässig und geboten, dass die Verwaltung das Nachlassgericht informiert und auf die Einsetzung einer Nachlasspflegschaft hinwirkt. Solange diese nicht erfolgt, besteht eine Vollstreckungslücke, die nur durch gerichtliche Klarstellung geschlossen werden kann.
Wie wirken sich laufende gerichtliche Auseinandersetzungen auf Zahlungspflichten bei der Eigentumswohnung im Todesfall aus?
Kommt es nach dem Erbfall zu Streitigkeiten über Erbquoten, Testamentsinhalte oder die Gültigkeit letztwilliger Verfügungen, bleibt die Erbengemeinschaft zunächst handlungsfähig – wenn auch eingeschränkt. Solche Auseinandersetzungen berühren nicht die Entstehung der Zahlungspflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft oder Dritten.
„Die Gemeinschaft der Erben ist auch bei ungeklärter Quotenverteilung zur Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.“
(vgl. § 2038 BGB in Verbindung mit § 1922 BGB)
In der Praxis bedeutet das: Auch wenn sich Miterb:innen darüber streiten, wer welchen Anteil hält oder ob ein Testament wirksam ist, haften sie als Erbengemeinschaft für alle offenen Forderungen, die im Zusammenhang mit der Eigentumswohnung stehen. Dies umfasst insbesondere:
- Hausgeld gemäß § 28 WEG
- Sonderumlagen oder Rücklagenbeiträge
- offene Betriebskosten
Die WEG-Verwaltung ist berechtigt, gegen die Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft vorzugehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob einzelne Erbquoten noch vor Gericht geklärt werden müssen. Eine Verzögerung in der Erbauseinandersetzung hat keine aufschiebende Wirkung auf Zahlungspflichten.
Im Rahmen von WEG-Verfahren nach § 43 WEG (z. B. Anfechtung von Beschlüssen, Kostenverteilung) tritt die Erbengemeinschaft als einheitliche Verfahrenspartei auf. Kommt es zu gerichtlicher Klärung, kann ein Miterbe für die Gemeinschaft im Wege der Prozessstandschaft auftreten – vorausgesetzt, alle Miterb:innen sind mit der Geltendmachung einverstanden oder der klagende Miterbe macht Ansprüche geltend, die den Nachlass als Ganzes betreffen (z. B. WEG-Beschluss über Sonderumlage).
Uneinigkeit unter den Erb:innen führt daher nicht zur Entlastung von Zahlungspflichten, sondern erschwert lediglich die interne Verteilung der Lasten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft bleibt in jedem Fall berechtigt, die Forderungen gesamtschuldnerisch gegenüber der Erbengemeinschaft geltend zu machen.
4. Rechtsprechung, Praxisfälle und Präzedenzfälle
Welche Urteile haben die Zahlungspflicht bei Eigentumswohnungen im Todesfall konkretisiert?
Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren wiederholt bestätigt, dass Erb:innen – auch als Erbengemeinschaft – für die Zahlungspflichten im Zusammenhang mit einer Eigentumswohnung nach dem Erbfall unmittelbar und gesamtschuldnerisch haften. Insbesondere Entscheidungen des BGH und der Oberlandesgerichte haben die Anforderungen an die Erbenstellung und das Verhalten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) präzisiert.
BGH, Urteil vom 13.01.2023 – V ZR 77/21
Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Erbengemeinschaft auch dann für rückständige Hausgeldforderungen haftet, wenn die Gemeinschaft selbst noch nicht im Grundbuch eingetragen wurde. Für die Geltendmachung der Forderung durch die WEG reicht es aus, dass die Verwaltung die Erb:innen namentlich kennt und diese als Gesamthandsschuldner in Anspruch nimmt.
„Die WEG kann die Erbengemeinschaft als Gesamthand auch ohne Grundbuchumschreibung auf Zahlung von Hausgeld in Anspruch nehmen.“
(BGH, V ZR 77/21, Rn. 17)
Die Entscheidung stellt klar, dass der Tod des Eigentümers nicht zu einem Stillstand bei der Vollstreckung von Beitragsforderungen führt. Die WEG ist berechtigt, auch gegen mehrere Erb:innen zu vollstrecken, sofern diese als Gemeinschaft im Rechtsverkehr auftreten.
OLG München, Beschluss vom 28.04.2020 – 34 Wx 75/20
Das OLG München hatte zu entscheiden, ob eine Erbengemeinschaft bereits vor der Eintragung im Grundbuch über das Sondereigentum verfügen darf. Das Gericht bestätigte, dass bereits vor der Umschreibung Verwaltungs- und Zahlungspflichten entstehen, wenn sich die Erbenposition eindeutig nachweisen lässt – etwa durch Erbschein oder notarielles Testament.
Besonderes Gewicht wurde dabei auf die Pflicht zur Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Verwaltung gelegt, die sich aus § 2038 BGB ergibt. Wer sich als Miterb:in nicht beteiligt oder die Verwaltung blockiert, riskiert alleinige Inanspruchnahme durch die WEG, wenn er oder sie als Ansprechperson agiert hat.
Diese Urteile machen deutlich, dass die Erb:innen – auch ohne formale Grundbuchumschreibung – im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten verbindlich in die Eigentümerstellung hineinwachsen. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft zählt nicht die grundbuchliche, sondern die materielle Rechtsnachfolge, die mit dem Todesfall eintritt (§ 1922 BGB).
Fazit
Der Tod einer Eigentümerin oder eines Eigentümers führt nicht nur zu erbrechtlichen Veränderungen, sondern zieht unmittelbare zahlungsrechtliche und verwaltungsbezogene Konsequenzen nach sich – insbesondere im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Erb:innen haften ab dem Erbfall für Hausgeld, Rücklagen, Betriebskosten und Sonderumlagen (§§ 1922, 1967 BGB). Diese Verpflichtungen entstehen unabhängig davon, ob ein Erbschein vorliegt oder die Eintragung im Grundbuch erfolgt ist.
Um rechtliche Risiken, Verzögerungen und Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, sollten Nachlassbeteiligte frühzeitig aktiv werden. Zu empfehlen ist:
- die umgehende Klärung der Erbenstellung und Kommunikation mit der WEG-Verwaltung,
- die sorgfältige Prüfung offener Forderungen und laufender Verträge,
- die rechtssichere Verwaltung der Wohnung bei Erbengemeinschaften nach § 2038 BGB,
- sowie – im Fall von Unsicherheiten – die Einbindung anwaltlicher oder gerichtlicher Unterstützung, z. B. durch Nachlasspflegschaft (§ 1960 BGB).
Gerichte wie der BGH und das OLG München bestätigen: Die Zahlungspflichten gehen mit dem Todesfall über – unabhängig davon, ob Einigkeit unter den Erb:innen besteht. Eine frühzeitige, strukturierte Nachlassbearbeitung dient daher nicht nur der rechtlichen Klarheit, sondern schützt vor Zwangsmaßnahmen, Mahngebühren und internen Konflikten.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Empfehlungen für den Umgang mit Zahlungspflichten bei einer Eigentumswohnung nach dem Todesfall
Nach dem Tod eines Wohnungseigentümers entstehen rechtliche, finanzielle und verwaltungstechnische Folgefragen, die strukturiert und rechtssicher zu klären sind. Sowohl Erb:innen als auch WEG-Verwaltungen und Gläubiger sollten dabei systematisch vorgehen, um Verzögerungen, Forderungsausfälle oder unnötige Konflikte zu vermeiden.
Folgende Punkte haben sich in der Praxis bewährt:
- Ermitteln Sie zügig die Erbfolge – bei unklarer Rechtslage kann eine Nachlasspflegschaft beantragt werden (§ 1960 BGB).
- Informieren Sie die WEG-Verwaltung frühzeitig über den Eigentümerwechsel und benennen Sie einen zentralen Ansprechpartner.
- Prüfen Sie laufende Verpflichtungen wie Hausgeld, Sonderumlagen und Betriebskosten auf Rückstände oder offene Forderungen.
- Beachten Sie die gesamtschuldnerische Haftung innerhalb von Erbengemeinschaften (§ 2058 BGB) – Zahlungsunwilligkeit eines Miterben entlastet die anderen nicht.
- Beauftragen Sie bei internationalen Erbfällen eine beglaubigte Übersetzung von Testamenten oder Erbscheinen, wenn diese dem Grundbuchamt oder der Verwaltung vorgelegt werden müssen.
- Klären Sie rechtzeitig die Namensführung, Eigentumsumschreibung und Grundbuchanpassung – sie ist für viele Verwaltungsvorgänge relevant.
- Vermeiden Sie Verzögerungen bei Mieterträgen oder Eigentümerversammlungen, indem Sie bestehende Mietverhältnisse und Vertretungsrechte aktiv fortführen.
Ein strukturierter Umgang mit der Nachlassimmobilie schützt nicht nur vor finanziellen Risiken, sondern erleichtert auch die spätere Auseinandersetzung oder Verwertung. Besonders bei streitigen oder internationalen Fällen ist eine rechtlich fundierte Begleitung unverzichtbar.
Wie beglaubigt.de bei internationalen Nachlassfällen unterstützt
Bei einem Erbfall mit Auslandsbezug – etwa wenn die verstorbene Person im Ausland lebte, ein Testament dort errichtet wurde oder Erb:innen im Ausland wohnen – entstehen besondere Anforderungen an die Übersetzung und Anerkennung von Nachweisdokumenten. In solchen Fällen unterstützt beglaubigt.de mit einer digitalen Lösung für die Erstellung beglaubigter Übersetzungen, z. B. von Erbscheinen, Vollmachten oder notariellen Verfügungen.
Die Plattform bietet:
- die Beauftragung öffentlich bestellter und beeidigter Übersetzer gemäß § 189 GVG,
- die digitale Übermittlung und Prüfung der Originalunterlagen,
- den versicherten Versand der Übersetzungen per Post oder als digital signiertes PDF,
- sowie bei Bedarf mehrsprachige Übersetzungen für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug.
Gerade wenn Grundbuchämter, Nachlassgerichte oder WEG-Verwaltungen internationale Dokumente prüfen müssen, erleichtert eine professionelle, rechtskonforme Übersetzung den gesamten Verfahrensablauf erheblich.
beglaubigt.de bietet hierfür eine rechtssichere und zeiteffiziente Lösung – besonders bei komplexen Nachlasskonstellationen.